• Direkt gewählte Abgeordnete haben im politischen Berlin de facto mehr Gewicht.
  • Für die Vertretung Sachsens in einer möglichen schwarz-roten Regierung müssen Abgeordnete fraktionsübergreifend zusammenarbeiten.
  • Besonders die Koalitionsverhandlungen werden über den sächsischen Einfluss in der neuen Koalition entscheiden.

Markus Reichel ist Bundestagsabgeordneter für die CDU aus Dresden. 2021 gewann er noch seinen Wahlkreis, musste sich aber dieses Mal – trotz Stimmenzugewinnen – dem AfD-Kandidaten geschlagen geben. Über die CDU-Landesliste zog Reichel aber trotzdem in den Bundestag ein. Für ihn ist der Unterschied nur ideeller Natur: "Natürlich freut sich jeder Abgeordnete, wenn er oder sie einen Wahlkreis direkt gewinnt, aber in der konkreten Arbeit, die wir in der Fraktion machen und die wir auch im Bundestag selbst machen, spielt das am Ende keine Rolle. Da zählt letztlich die Leistung, die man bringt."

Auch wenn er nicht den Wahlkreis gewonnen hat: Sollte die CDU die nächste Bundesregierung anführen, ist Reichel entsprechend auch ein Bundestagsabgeordneter, der zu einer Regierungsfraktion gehört: "Als solcher bin ich natürlich Ansprechpartner für die Dresdner und Dresdner Belange."

Direktkandidaten haben de facto mehr Einfluss als Listenkandidaten

Doch manche Türen öffnen sich leichter für Direktabgeordnete – zumindest der Regierungsparteien. "Sie haben als Direktabgeordneter noch mal einen anderen Draht, einen sehr direkteren Draht in Ministerien", schildert Detlef Müller, SPD, seine Erfahrungen. Er war als Wahlkreissieger in Chemnitz Teil der Ampel-Koalition.

Chemnitz ist eines von vier Wasserstoffzentren in Deutschland. Müller erinnert sich an die Verhandlungen: "Dann gab es ja diese Story, wo Chemnitz nur noch die Hälfte des Geldes kriegen sollte und die andere Hälfte ging dann nach Bayern. Das haben wir auch zurückgedreht. Das hat nur funktioniert, weil das Ministerium – oder der Minister Wissing, der es dann war – mit dem Chemnitzer Direktabgeordneten die Verhandlungen geführt hat. Das macht man nicht mit einem Abgeordneten, der sozusagen über die Liste reingeht, sondern dann sucht man sich den Wahlkreisabgeordneten."

Vertretung in Berlin: Zusammenarbeit über Fraktionsgrenzen entscheidend

Das würde jetzt nicht mehr funktionieren, weil die Stadt nun durch einen Oppositionspolitiker der AfD vertreten sei, mit dem die neue Regierung nicht zusammenarbeiten werde. Müller selbst schaffte den Einzug in den Bundestag auch über die SPD-Landesliste nicht. Deshalb befindet er sich aktuell in einer Art Übergabe mit der Chemnitzer CDU-Kandidatin, da sie in den Bundestag eingezogen ist.

Das sei bei einer möglichen großen Koalition sowieso der einzige Weg, sich auch mit wenigen Abgeordneten für den Freistaat stark zu machen, erklärt Detlef Müller: "Ich gehe davon aus, dass genau diese zehn Abgeordneten von SPD und CDU sehr sehr eng zusammenarbeiten und auch über alte Gräben springen müssen. Ob sie sich persönlich leiden können oder nicht, spielt überhaupt keine Rolle. Aber sie brauchen eine gemeinsame Kraft und eine gemeinsame Masse an Einigkeit, um den Freistaat Sachsen hier in Berlin gut vertreten zu können."

Koalitionsverhandlungen: Starke Stimmen für ostdeutsche Belange wichtig

Der Politikwissenschaftler Hans Vorländer sieht dabei vor allem die kommenden Wochen der Koalitionsverhandlungen als entscheidende Zeit. Natürlich wirke sich dort die Zahl der Abgeordneten aus, aber auch das Erheben der Stimme und das Drängen auf Beteiligung bei den einzelnen Beratungen: "Das wird angeblich im Augenblick ja diskutiert: Man will beispielsweise den sächsischen Ministerpräsidenten, so fordern es die CDU-Ministerpräsidenten Ostdeutschlands, zu den Beratungen hinzuziehen, damit der Osten und die Belange Sachsens nicht vergessen werden."

Dennoch, ergänzt Vorländer, sei die Zahl der Abgeordneten aus Sachsen nicht allein entscheidend für den Einfluss des Freistaates auf die Bundespolitik. Auch durch Ministerpräsidentenkonferenzen und vor allem im Bundesrat werden die Belange der Länder auch unverändert besondere Berücksichtigung finden.

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