Zwei Winterzugänge als Trumpfkarten im Kampf um die Königsklasse
Es war ein schöner Ostersonntag in Dortmund, doch gegen Ende das Spiel des Spiels nahm der Regen mehr und mehr zu. Niko Kovač, mittlerweile einigermaßen durchnässt, stand an der Seitenauslinie, und versuchte in der hektischen Schlussphase noch irgendwie Einfluss zu nehmen. Er deutete immer wieder in Richtung Eckfahne. „Ich hätte mir schon gewünscht, dass wir es ein wenig ruhiger zu Ende spielen. Ich hätte mir etwas mehr Eckfahne gewünscht“, sagte er. Es sei ja „nicht nötig 4:2 oder 5:2 zu gewinnen.“
Der Trainer von Borussia Dortmund wurde erhört. Mit 3:2 (3:1) schlug seine Mannschaft Borussia Mönchengladbach, auch wenn ein klareres Ergebnis möglich gewesen wäre. Doch darauf kam es nicht an. Denn falls sich der BVB noch ein Kontertor gefangen hätte – die Aufbruchstimmung, die sich in Dortmund im Saisonendspurt tatsächlich noch einmal aufgebaut hat, hätte sich mit einem Schlag verflüchtigt. Die Spielzeit, in der die Mannschaft, die Kovač Anfang Februar übernommen und die davor auch zunächst danach noch oft enttäuscht hatte, wäre gelaufen gewesen.
So aber lebt die Hoffnung weiter. Nach dem FSV Mainz 05 (3:1) und dem SC Freiburg (4:1) wurde ein weiterer Konkurrent um die internationalen Plätze geschlagen, zwischendrin hatten sich die Dortmunder auch durch ein 2:2 beim FC Bayern schadlos gehalten.
In der Tabelle hat sich der BVB an den Gladbachern vorbei auf Platz sieben vorgeschoben – bei nunmehr zwei Punkten Rückstand auf Platz sechs (Mainz), der zur Teilnahme an der Conference League berechtigen würde. Auf Rang fünf (Freiburg), der zum Einzug in die Europa League berechtigen würde, sind es drei Zähler. Und selbst die Champions League, das Ziel aller Träume, das vor wenigen Wochen utopisch weit schien, könnte wieder in Reichweite sein. Vier Punkte Punkten liegen zwischen den Leipzigern, derzeit auf Platz vier, und dem BVB. Geht das möglicherweise tatsächlich noch was?
Kovač sieht BVB auf Kurs
„Die Richtung stimmt“, sagte Kovač und bemühte anschließend die wohl bekannteste Floskel, die Trainer für solche Saisonphasen im Standardrepertoire haben. „Das nächste Spiel ist das wichtigste und das ist Hoffenheim“, erklärte er. Um dies seiner Mannschaft, die sich in den vergangenen Wochen erkennbar stabilisiert hat, noch einmal zu verdeutlichen, hatte er sie unmittelbar nach Schlusspfiff in die Kabine gerufen. „Ich habe den Spielern gratuliert und ihnen zwei freie Tage gegeben“, sagte er.
Kovač hat, was viele bezweifelt hatten, das Team stabilisiert. Mit einer Art von Fußball, die, wäre sie in Dortmund zu Saisonbeginn thematisiert worden, sicher keine Beifallsstürme hervorgerufen hätte. Damals, als gerade Nuri Şahin von Edin Terzić übernommen hatte, war die Rede von totaler Dominanz, von Ballbesitzfußball mit hohem Risiko und weit vorrückenden Abwehrspielern. Es hat nicht funktioniert. Nun setzt Dortmund auf Funktionalität. Das hat dafür gesorgt, dass wieder eine gewisse Sicherheit im Spiel auszumachen ist.
Der BVB ist nicht mehr so leicht aus der Fassung zu bringen – auch nicht durch Rückstände oder Anschlusstreffer des Gegners. Nach dem früheren Gegentor durch Ko Itakura (17. Minute) machten die Dortmunder einfach weiter. Sie waren nicht etwa alles nach vorn, sondern behielten ihre Ordnung, setzten die Gladbacher aber mit hohem Pressing unter Druck. Die Folge waren drei Treffer innerhalb von acht Minuten vor der Pause (41., 44. und 45.+5) – jeweils nach ähnlichem Muster: aggressive Balleroberung auf dem Flügel, schneller Pass in den Strafraum – Tor. Zudem bewies Kovač ein glückliches Händchen: Nach der Verletzung von Maximilian Beier (35.) brachte er nicht etwa Jamie Gittens, sondern Carney Chukwuemeka, der an allen Treffern beteiligt war.
Zugänge im Winter
Die Trumpfkarten der Dortmunder bei ihrem Bestreben, die Saison noch zu retten, sind neben der pragmatischen Art von Kovač vor allem die qualitativ guten Winterzugänge. Davon können die Mitbewerber nur träumen. „Chukwuemeka war der Game-Changer, er hat diese Chancen kreiert“, lobte der Trainer den 21-jährigen, der am Deadline-Day vom FC Chelsea ausgeliehen worden war. Der offensive Mittelfeldspieler, der in der laufenden Saison von den Londonern lediglich für 14 Minuten im Pokalspiel gegen Viertligist AFC Barrow zum Einsatz gekommen war, benötigte eine lange Anlaufzeit, verfügt aber über Fähigkeiten, die in Bundesligaspielen den Unterschied ausmachen können: Antizipation, Passgenauigkeit und strategischen Geschick. Da er verletzt in Dortmund ankam, benötigte er Anlaufzeit – kann im Saisonendspurt aber ein entscheidender Faktor werden.
Das ist Daniel Svensson für den BVB schon länger. Auch der schwedische Linksverteidiger ist ein Last-Minute-Winterzugang. Die Leihgabe vom FC Nordsjaelland hat sich trotz einer zwischenzeitlichen Innenbandverletzung im Team fest gespielt, am Sonntag gelang ihm sein erster Treffer für den BVB – den er mit einem artistischen Jubel feierte. Für ihn haben die Dortmunder eine Kaufoption, die greift, wenn Svensson auf 15 Einsätze kommt. Davon ist er mit mittlerweile zwölf Pflichtspielen für die Dortmunder nicht mehr weit entfernt. Für den 23-Jährigen werden bei einer festen Verpflichtung etwa acht Millionen Euro Ablöse fällig – Chukwuemeka dagegen, für den es ebenfalls eine Option gibt, würde deutlich teuer. Chelsea will 35 Millionen Euro. Da würde es schon sehr helfen, wenn sich der BVB tatsächlich für einen internationalen Wettbewerb qualifizieren sollte.
„Wir sind alle vollkommen fokussiert. Wir arbeiten gut miteinander und vor allem arbeiten wir alle für unser Ziel“, sagte Sebastian Kehl. Der Sportdirektor, dessen Arbeit auch die Trefferquote bei den Winterverstärkungen mittlerweile auch intern deutlicher positiver gesehen wird, ist überzeugt, dass die Saison trotz aller Schwierigkeiten noch ein versöhnliches Ende nehmen könnte. „Die Mannschaft entwickelt gerade in der Rückrunde eine Qualität, Spiele zu gewinnen und in wichtigen Phasen da zu sein. Wir wissen aber auch, dass wir in jedem einzelnen Spiel, das noch kommt, gefordert sein werden“, sagte Kehl – wohl wissend, dass noch nichts erreicht worden ist. Nach dem Auswärtsspiel in Hoffenheim geht es für den BVB noch gegen Wolfsburg, nach Leverkusen und gegen Kiel.
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