„Vor allem, um mir zu beweisen, dass ich einer der weltweit besten Rennfahrer bin“
Porsche-Pilot Pascal Wehrlein, 30, ist als Titelverteidiger in die 11. Formel-E-Saison gestartet. Sein Ziel: auch dieses Jahr den Sieg holen. Aktuell liegt Wehrlein auf Rang acht der Fahrerwertung.
Am Samstag steht in Miami das fünfte Rennen an. Im Interview mit WELT spricht Wehrlein über die Höhen und Tiefen der aktuellen Saison – und darüber, was er sich von den kommenden Rennen erhofft.
WELT: Herr Wehrlein, wie zufrieden sind Sie denn mit dem Verlauf der aktuellen Saison?
Pascal Wehrlein: Die Saison war bisher von viel Pech verfolgt und Umständen, für die wir wenig konnten. Zweimal bin ich schon ausgeschieden, einmal nach dem großen Crash in São Paulo – der zum Glück glimpflich ausgegangen ist. Und dann wurde ich in Jeddah schon in der ersten Runde aus dem Rennen genommen – ich bin von Platz zwei gestartet, dann fuhr mir Mitch Evans ins Heck. Es waren beides Rennen, die wir eigentlich auf dem Podium hätten beenden können.
WELT: Gibt es ein Zwischenfazit?
Wehrlein: Die Konkurrenz ist stark, vor allem Nissan. Und wir sind eigentlich auch wieder ganz vorn mit dabei. Ich hatte schon zwei Pole-Positions. Das Fazit ist bisher: Die Pace stimmt, das Rennglück noch überhaupt nicht. Eigentlich lief nur bei dem Rennen in Mexiko alles von Anfang bis Ende fehlerfrei. Dort sind wir von der Pole gestartet und auf dem Podium gelandet. Die restlichen Wochenenden waren Pleiten, Pech und Pannen. Aber vier Rennen sind gefahren – 12 stehen noch aus. Wir arbeiten weiter hart und haben unser Ziel vor Augen.
WELT: Beeinflusst Sie der schlimme Unfall in Brasilien noch?
Wehrlein: Nein, es beeinflusst die Saison überhaupt nicht. Zum Glück nicht. Das Auto war Totalschaden in São Paulo und mein Team hat mir ein neues Auto in Mexiko auf der Strecke aufgebaut. Das lief fehlerfrei, wir hatten kein technisches Problem und ich habe mich wohlgefühlt – ab da war der Unfall für mich abgehakt.
WELT: Sie haben es gerade schon angesprochen. In Jeddah sind Sie im ersten Rennen mit Plattfuß ausgeschieden. Ist es schwierig, am nächsten Tag gleich noch ein Rennen zu fahren?
Wehrlein: Man muss einfach versuchen, das so schnell wie möglich abzuhaken. Vor allem bei einem Double Header, also zwei Rennen an einem Wochenende, muss man einfach schnell den Fokus auf den zweiten Tag legen und sich sagen: jetzt erst recht. Wir hatten dann leider im Qualifying Probleme mit der Software, sind von Platz 13 gestartet und noch in die Punkte gekommen. Das war ein bisschen Schadensbegrenzung.
WELT: Wenn man so unverschuldet aus dem Rennen fliegt, ist man da auch ein wenig sauer auf den Kontrahenten?
Wehrlein: Man ist auf jeden Fall sauer, gerade, wenn sich was in der ersten Runde abspielt. Natürlich kann das jedem passieren. Aber oftmals habe ich das Gefühl, dass Kontakte in der ersten Runde sehr unnötig sind. Ich meine, es hat gerade erst angefangen. In der Formel E ergeben sich so viele Überholmöglichkeiten während des Rennens im Attack Mode oder beim Pit Boost (Schnelllade-Boxenstopp, Anm. d. Red.). Wenn man einem Kontrahenten am Start hinten auffährt, dann ist das nicht besonders intelligent.
WELT: Beim Samstags-Rennen in Saudi-Arabien hatte Ihre Tochter Soleya ihren zweiten Geburtstag, auf dem Halo war ein Geburtstagsgruß für sie zu sehen – wie ist das für Sie, solche Momente zu verpassen?
Wehrlein: Die Idee mit dem Spruch hatte ich kurz vor dem Rennen und ich freue mich sehr, dass das geklappt hat. Aber natürlich ist das als Vater schade. Am Sonntag war ich zu Hause und dann haben wir alle zusammen nachgefeiert. Ich glaube, nächstes Jahr wird das erste Jahr sein, in dem sie den Geburtstag realisiert und sich darauf freut. Deshalb hoffe ich wirklich, dass ich den gemeinsam mit ihr verbringen kann.
WELT: Spielt sie zu Hause denn mit Autos?
Wehrlein: Sie hat ein Bobbycar von Porsche. Das haben wir vom Team geschenkt bekommen. Seit ein paar Monaten fährt sie jeden Tag damit durchs Haus. Und wenn wir im Laden sind und Spielzeug kaufen, sucht sie sich wirklich Autos aus. Manchmal hoffe ich da schon, dass sie sich für etwas anderes entscheidet (lacht).
WELT: Soll sie nicht in Ihre Fußstapfen treten?
Wehrlein: Ich bin da zwiegespalten. Sie darf alles machen, was sie möchte. Und was sie gern hat. Es wäre natürlich toll, wenn sie sich für Sport interessiert. Aber ich weiß auch, wie schwierig der Motorsport ist und wie hart er manchmal sein kann.
WELT: Bei den Evo Sessions haben Sie die Fußball-Legende Sergio Agüero in kurzer Zeit zum Formel-E-Fahrer trainiert. Er ist dann mit Ihrem Auto gegen zehn weitere Promis in Miami angetreten. Wie fanden Sie das Projekt?
Wehrlein: Wir hatten mit Sergio Agüero einen Weltstar bei uns im Team, was sicherlich nicht nur der Formel E geholfen hat, sondern auch uns. Es hat wirklich viel Spaß mit ihm gemacht. Natürlich hat es viel Vorbereitung und Aufwand erfordert – wir mussten ihm viel beibringen, im Simulator, auf der Teststrecke und dann im Auto.
WELT: Hatten Sie ein bisschen Angst um Ihren Wagen?
Wehrlein: Er hat sich einmal gedreht, da ist mir schon das Herz stehen geblieben. Mein Auto ist ganz neu, ich bin erst zwei Events damit gefahren. Da war ich offen gesagt nervöser, als wenn ich selbst fahre – sogar etwas nervöser als vor dem Finale in London letztes Jahr.
WELT: Sie werden dieses Jahr zum ersten Mal bei den 24 Stunden in Le Mans starten. Sie haben einmal gesagt, das sei ein großer Traum. Wieso?
Wehrlein: Ich möchte so viele Meisterschaften, Titel und wichtige Rennen gewinnen wie möglich. Ich glaube, vor allem, um mir selbst zu beweisen, dass ich einer der besten Rennfahrer bin, die es weltweit gibt. Nach den Siegen in der DTM und der Formel E steht jetzt das spektakuläre Langstreckenrennen in Le Mans auf meiner Liste.
WELT: Lässt sich das mit der Formel E unter einen Hut bringen?
Wehrlein: Natürlich ist es ein straffer Zeitplan und es erfordert eine sehr gute Koordination zwischen den zwei Programmen. Ich möchte die Formel E nicht benachteiligen dadurch. Ganz im Gegenteil, für mich ist die Formel E weiter mein Hauptprogramm – und mein Ziel dort ist, den Titel zu verteidigen. Ich sehe auch meine Zukunft in der Serie. Aber ich freue mich auf die Herausforderung im Langstreckensport.
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