Nur ein Mal erfasst die emotionale Wucht Thomas Müller in dieser Nacht
Thomas Müller war ein gefragter Mann, Bayern Münchens Aus gegen Inter hin oder her. Beim Bankett der Münchener, nach Spielen in der Champions League bei ihnen ja obligatorisch, baten ihn die Edelfans um Selfies, Autogramme, hielten ein bisschen Smalltalk. Müller erfüllte alle Wünsche.
Seine Eltern waren auch da, was bei Spielen im Ausland nicht häufig vorkommt, aber vielleicht hatten sie im Vorfeld eine Ahnung: Es könnte das letzte Spiel ihres Sohnes auf der internationalen Bühne mit den Bayern sein, eventuell gingen ihre Gedanken in diese Richtung. Im besten Falle wären sie Zeugen geworden, wie bei seiner Karriere noch ein weiterer Höhepunkt dazukommt – Einzug ins Halbfinale, dem Finale dahoam in München einen Schritt näher. Doch das 2:2 nach der 1:2-Heimspielniederlage beendete alle Träume, insbesondere Müllers. Er selbst war allerdings nach der Partie sehr aufgeräumt, wollte „die emotionale Schiene“ nicht überstrapazieren, wie er sagte.
Gegen 1.30 Uhr verließ der 35 Jahre alte Angreifer den Bankettsaal, traf dann aber auf Fans in der Lobby des Hotels „Melia“. Müller bleibt Müller, Fan-nah, wieder Autogramme, Selfies, ein paar nette Worte.
„Der Körper hat reagiert“, sagt Thomas Müller
Und doch gab es etwas, was ihn in dieser Nacht in Mailand sehr nahe ging. Ihn erfasste die volle emotionale Wucht nach dem abrupten Ende seiner unglaublichen Champions-League-Reise mit dem FC Bayern.
Müller hatte im Giuseppe-Meazza-Stadion nach dem bitteren Aus im Viertelfinal-Rückspiel gerade sein TV-Interview beim Streamingdienst DAZN beendet, als die noch im Stadion weilenden Bayern-Fans lautstark ein Lied anstimmten, seinen Namen skandierten und den Ur-Bayern, der seit 2000 für den Klub spielt, feierten.
„Ich habe heute keine sentimentalen Momente parat, wir sind ja mitten in der Saison. Aber da hat der Körper reagiert, da hatte ich einen leichten Anflug von Gänsehaut. Ich habe die Wertschätzung da gespürt. Es war ganz schön, aber gleichzeitig sind wir ausgeschieden“, erzählte Müller.
Schluss. Aus. Ende. Durch seinen 163. Königsklassen-Einsatz (57 Tore) – noch dazu in der Startelf – zog er zwar mit Lionel Messi gleich, doch er endete nicht mit dem Happy End, das Müller sich selbst gewünscht hatte und auch viele für ihn. „Thomas, du bist der Beste!“, rief ihm ein renommierter italienischer Sportjournalist zu. Aber die Krönung auf seiner Abschiedstour im Trikot seines Herzensklubs am 31. Mai in der Allianz Arena gibt es nicht. „Das Finale wäre halt in München gewesen“, stöhnte Müller traurig.
Seine Spielanalyse nach dem 3:4 im Gesamtergebnis war einfach. „Inter hat ein Tor mehr gemacht in beiden Spielen. Und im Fußball geht es eben darum, mehr Tore zu erzielen. Inter ist weiter, und das heißt, sie haben irgendetwas besser gemacht“, sagte Müller.
Und zwar das, was die personell von Verletzungen wichtiger Spieler geplagten Bayern in beiden Partien schlechter machten. Müller sprach selbst von „richtig plumpen“ Gegentoren und „nicht genug Killerinstinkt“ bei eigenen Torchancen.
Eberl hievt Müller auf eine Stufe mit Messi
Seine Zukunft nach dem Bayern-Abschied als Spieler im Sommer ist weiter offen, wie Müller in der Mailänder Nacht sagte: „Die Planung kenne ich noch nicht. Während der heißen Wochen habe ich nichts vorangetrieben. In zwei Tagen kommt Heidenheim. Das ist ein harter Break, aber es ist so.“
Nach dem Spiel im Giuseppe-Meazza-Stadion erhielt er Trost von den Mitspielern. „Ich hatte ein bisschen das Gefühl, dass die Jungs zu mir kamen, dass sie das Gespür haben, dass es meine letzte Partie in der Champions League war“, sagte Müller. Anfang April hatte der FC Bayern mitgeteilt, den im Sommer auslaufenden Vertrag des Münchener Urgesteins nicht zu verlängern.
Sportvorstand Max Eberl dankte und gratulierte Müller. Er sei ja nun mit Messi gleichgezogen, sagt Eberl, „ich glaube, man sollte beide auch in einem Atemzug nennen, Lionel Messi und Thomas Müller. Beide haben unterschiedliche Stärken. Aber von der Karriere her ist es genau das, was es beschreibt. Ich habe mich bedankt und ihm einfach gratuliert zu einer fantastischen Karriere, die er in der Champions League hatte“.
Stolz auf seine Königsklassen-Karriere sei er nicht, sagte Müller. „Ich freue mich, dass ich so viel Spaß hatte und das ein paar andere auch noch Spaß hatten“, sagte Müller lediglich. Er gewann mit den Münchenern 2013 und 2020 die Champions League.
Bayern-Chef Jan-Christian Dreesen würdigte Müllers Eltern in seiner Bankett-Rede im Teamhotel nach Mitternacht. „Thomas ist heute in den Olymp der drei Rekordspieler der Champions League aufgestiegen. Mit 163 Spielen hat er gleichgezogen mit Lionel Messi. Das ist eine außergewöhnliche Leistung, eine Lebensleistung“, sagte Dreesen. Applaus brandete auf.
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