Das Vermächtnis von Jorge Mario Bergoglio
Papst Franziskus war in vielerlei Hinsicht ein besonderer Papst. Da sind sich Religionsfachleute einig. Er war der erste Papst aus Lateinamerika, aus Argentinien und nach mehr als einem Jahrtausend der erste, der nicht aus Europa kam. Er wurde im Amt so alt wie kein anderer Papst seit mehr als einem Jahrhundert.
Doch was hinterlässt der Papst nach seinem Tod? Antworten von Religionsredaktorin Judith Wipfler.
Was bedeutet Franziskus' Tod für die römisch-katholische Kirche?
Sie verliert einen grossen Menschenfreund. Er war eine klare Stimme gegen die Gewalt, gegen Krieg und auch gegen die Ausbeutung von Mensch und Natur. Und die Stimme war eine, die man verstanden hat.
Viele haben von Franziskus Reformen erhofft, wurden aber enttäuscht. Warum hat er nicht mehr bewegt?
Er hat eine ganze Menge bewegt. Er hat angefangen, Missstände im Vatikan, in der Vatikanbank und in der Kurie auszumisten. Er hat gegen Korruption im Vatikan einiges unternommen und das grosse Unternehmen, den sogenannten synodalen Prozess, ins Leben gerufen: mehr Mitbestimmung in der Kirchenleitung, in der Gestaltung der römisch-katholischen Kirche von Laien, von Frauen, von nicht Geweihten, also von nicht Klerikern. Das war ein weltumspannendes Unternehmen. Es ging über mehrere Jahre und dauert auch noch an. Es ist das grösste Reformprojekt der römisch-katholischen Kirche seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil, das vor 60 Jahren geendet hat. Franziskus knüpfte an dieses Konzil an. Denen, die sich die Frauenweihe erhofft oder die Aufhebung des Pflichtzölibats für Priester erhofft haben, geht das zu langsam, und sie sind entsprechend enttäuscht. Aber man kann die Sache auch noch ganz anders betrachten, dass nämlich Macht geteilt wird jetzt. Das ist etwas, das in die Zukunft weist.
In welchem Zustand hinterlässt Franziskus die katholische Kirche?
Es wird jetzt darauf ankommen, ob das, was er an Synodalität aufgegleist hat, also an Mitbestimmung aller, auch weitergeht und die Uhr nicht wieder zurückgestellt wird. Das gab es schon einmal – dass nach dem grossen Reformkonzil des 20. Jahrhunderts eine Starre eingetreten ist. Es gibt Skepsis darüber, ob Franziskus kirchenrechtlich so gut abgesichert hat, dass sein Weg auch weitergegangen wird – bei der Segnung von homosexuellen Menschen etwa. Da musste er schon zu Lebzeiten zurückkrebsen, weil das theologisch nicht wasserdicht war.
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