• Kunstwerke im öffentlichen Raum sind zunehmend Gegenstand von Vandalismus und Diebstahl.
  • Laut der Leiterin des Kunstmuseums Magdeburg ist ein Grund dafür ein fehlendes Bewusstsein der Öffentlichkeit für diese Kunst.
  • Ein Gegenbeispiel ist der Skulpturenweg Purple Path, der nicht von Vandalismus betroffen ist.

Seit Jahrzehnten steht er in Magdeburg auf einer Freifläche im Grünen: Der "Schreitende" von Wilfried Fitzenreiter. Die Bronzefigur schaut in Richtung des Magdeburger Kunstmuseums, die Arme hängen leicht angewinkelt an den Seiten – doch Mitte Februar fehlte dem "Schreitenden plötzlich ein Arm", erzählt die Direktorin des Kunstmuseums Magdeburg, Annegret Laabs.

"Die Bronzeskulpturen werden oft nicht in eins gegossen, sondern in Teilen", erklärt die Direktorin. So habe auch dieser Schreitende zwei angesetzte Arme und es sei davon auszugehen, dass das Entwenden "ein purer Vandalismus" gewesen ist. Annegret Laabs vermutet, dass die Skulptur vom Sockel geworfen und dabei am Arm gezogen wurde und dann "der- oder diejenige den Arm plötzlich in der Hand gehabt" hat.

Die Bronzeskluptur "Schreitender" von Wilfried Fitzenreiter – hier noch mit beiden Armen. Bildrechte: Kunstmuseum Magdeburg

Polizei konnte Kunstraub nicht aufklären

Auch Monate nach dem Vorfall hat die Polizei keine Spur zu möglichen Tätern und zum Motiv. Ähnlich ist das im Saalekreis, wo im März gleich drei Bronzefiguren aus dem Skulpturenpark in Leuna gestohlen wurden. Der Fall würde unter sogenannten "Eigentumsdelikten" verzeichnet – und nicht unter Kunstraub, hieß es, denn, so die naheliegende Vermutung der Polizei: Häufig gehe es ganz profan um Metalldiebstahl. Heißt: Die Bronzestatuen werden eingeschmolzen und die Bronze weiterverkauft. Ein solches Schicksal könnte auch die Bronze-Statue "Der Schwimmer" in thüringischen Gera ereilt haben. Die Skulptur vor dem Hofwiesenbad wurde im Februar ebenfalls gestohlen.

Auf diesem Steinsockel im Plastik-Park Leuna stand bis vor kurzem die Bronzeplastik "Afrikanerin mit Kind" von Gerhard Geyer.Bildrechte: Kunstmuseum Moritzburg

Vandalismus ist rabiater geworden

Unter solchen Voraussetzungen lässt sich schlecht neue Kunst im öffentlichen Raum etablieren, sagt Kunsthistorikerin Annegret Laabs. Der Vandalismus sei rabiater geworden – und das habe ganz bestimmte Gründe. Es habe auch damit zu tun, "dass die Bevölkerung nicht mehr den Anteil nimmt, den sie mal genommen hat", erläutert Laabs. Das Bewusstsein dafür, dass es "überhaupt Kunst im öffentlichen Raum gibt, dass sie wertvoll ist, dass sie da ist, dass die auch gepflegt wird", verschwinde immer mehr. Das habe sicher auch damit zu tun, dass immer weniger neue Kunst entstehe und damit ist es "irgendwas von vorgestern, was ich dann auch nicht so schätze", so die Direktorin.

Gegen den Trend: Purple Path der Kulturhauptstadt Chemnitz

Dem setzt die europäische Kulturhauptstadt Chemnitz 2025 mit dem Purple Path etwas entgegen. Riesige Kunstwerke zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler verbinden die Kommunen des Erzgebirges miteinander. Begonnen hat das Projekt vor drei Jahren. Beschädigungen habe es bislang nicht gegeben, sagt Kurator Alexander Ochs: "Alle Arbeiten sind versichert. Die Arbeiten sind in Teilen so schwer, dass du sie nicht wegtragen kannst. Wir haben ja schon sehr viel draußen seit vielen Jahren und es ist nichts beschädigt worden."

Bisher wurde noch kein Kunstwerk auf dem Purple Path beschädigt. Bildrechte: MDR/Grit Krause

Das erste Kunstwerk des Purple Path wurde in Thalheim eröffnet: Es besteht aus sieben Bronzestatuen, die mehr als zwei Meter hoch sind. Bürgermeister Nico Dittmann sagt, die Kommune habe einige Vorkehrungen gegen möglichen Vandalismus getroffen: "Wir haben es entsprechend befestigt, an exponierter Stelle öffentlich platziert, dass gegebenenfalls auch Leute entdeckt werden würden, wenn das passiert." Er glaubt, dass "wenn die Menschen etwas Tolles, etwas mitgestalten dürfen, dass sie das dann auch entsprechend erhalten und auch ein Auge mit drauf werfen."

Die Bronzeskulptur "Include Me Out" in Thalheim im Erzgebirge war das erste Kunstwerk des Purple Path.Bildrechte: Courtesy Friedrich Kunath and König Galerie Berlin, Seoul, Wien / Foto: Ernesto Uhlmann

Voraussetzungen für Kunst im öffentlichen Raum

Genau dann könne Kunst im öffentlichen Raum auch wieder funktionieren, sagt Kunsthistorikerin Annegret Laabs: Wenn es eine Zugänglichkeit für alle gibt. Allerdings steht dies vor zwei großen Herausforderungen: Zum einen würden öffentliche Räume immer häufiger privatisiert, so Laabs. Und zum anderen fehle es am Geld. Wenn es also nicht große Fördersummen wie zuletzt für den Purple Path gibt, dann können Städte und Kommunen das auch nicht selbst stemmen.

Und noch eine Herausforderung hat die Kunst heute, räumt Laabs sein: "Es ist natürlich auch schwierig, weil nun die Kunst heute nicht mehr so einfach ist, wie sie früher war. Einfach ein Männchen mit Armen und Beinen – wo man den Arm abreißen kann oder auch nicht – ist es halt nicht mehr." Die Kunst sei heute schwieriger geworden und brauche deshalb auch mehr Einfühlungsvermögen der Besucher und der Personen, die damit umgehen.

Immerhin: Der Arm des "Schreitenden" in Magdeburg konnte gefunden werden nachdem der Schnee, der im Februar lag, weggeschmolzen war. Nun wird die Statue für mehrere tausend Euro aufwendig saniert.

Quelle: MDR KULTUR (Paula Kautz); redaktionelle Bearbeitung: lig

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