Presse fällt gnadenlos über Real Madrid her
Real Madrid gelingt in der Vergangenheit manches Wunder. Entsprechend gibt es auch nach dem Hinspiel-Desaster im königlichen Champions-League-Viertelfinale Hoffnung. Doch aus dieser wird schnell Realität. Und die ist bitter.
"Remontada - ich habe es in dieser Woche etwa eine Million Mal gehört, ich habe eine Million Videos im Internet gesehen", erzählte Real Madrids Jude Bellingham vor dem Rückspiel im Champions-League-Viertelfinale gegen Arsenal London. "Remontada", das ist das Zauberwort, das gerade bei Real Madrid bemüht wird, wenn große Aufgaben anstehen. Wenn es gilt, etwas umzubiegen. Nach dem 0:3-Desaster aus dem Hinspiel in London war es höchste Zeit für eine Remontada - eine Aufholjagd, ein großes Comeback - im Bernabeu.
"Es ist eine Nacht, die wie geschaffen ist für Real Madrid, eine Nacht, mit der die Menschen in diesem Teil der Welt vertraut sind", beschwor Bellingham das nächste Wunder. "Aus irgendeinem Grund denkt jeder, dass wir zurückkommen werden, und das ist ein schönes Gefühl."
Ja, man hätte es am ehesten tatsächlich noch Real Madrid zugetraut, das in den letzten Jahren immer und immer wieder Wege gefunden hatte, dem sportlichen Tod von der Schippe zu springen und am Ende glänzend im Scheinwerferlicht zu stehen. Mit einem Pokal in der Hand. Etwa als man einst Pep Guardiolas Manchester City mit zwei Treffern in der Nachspielzeit doch noch den Einzug ins Finale in der Verlängerung entriss. Doch diesmal kam alles anders: Die alte königliche Magie wirkte nicht, auch das Rückspiel gewann der FC Arsenal (2:1). Und die Presse findet für die Götterdämmerung im Bernabeu harte Worte.
"Logik begrub das Comeback"
"Dieses Real Madrid kann keine Wunder", konstatierte die Sportzeitung "Marca". "Das Ende des Zyklus ist klar. Carlo Ancelotti hat angedeutet, dass dies sein letztes Spiel in der Champions League sein könnte. Die Abnutzungserscheinungen sind unbestreitbar. Die Logik begrub das Comeback, indem sie es erdrückte. Es hinterlässt auch Narben bei einigen Spielern, von denen man viel mehr erwartet hatte als das, was geboten wurde." Ein Hauch von Wunder lag vor 80.000 Menschen nur in den ersten Momenten des Spiels in der Luft, als Kylian Mbappé schon nach wenigen Minuten traf, dabei aber deutlich im Abseits stand. Danach wurde von Minute zu Minute deutlicher, dass das Wunder gnadenlos abgesagt ist.
Für Mbappé, der vor der Saison unter größtem Getöse von Paris Saint-Germain nach Madrid gewechselt war, droht sein erstes Jahr bei den Königlichen zu einem Desaster zu werden: Das Aus im Viertelfinale der Champions League ist für den Titelverteidiger eine gewaltige Enttäuschung, in der Meisterschaft ist der große Rivale FC Barcelona um vier Punkte enteilt.
"Die Magie des Bernabéu, das Gewicht des Trikots, die Macht des Wappens – Real Madrid hatte sich an die immateriellen Dinge geklammert, um ein Comeback mit einer komplizierten fußballerischen Rechtfertigung zu erreichen. Das Real Madrid der elf Niederlagen und 61 Gegentore vertraute sich der Mystik an, um seine mangelnde Konstanz zu überspielen", schrieb "Sport" - und sieht eine Mitschuld an der sportlichen Katastrophe bei Mbappé: "Die Wahrheit besagt, dass dieses Madrid, amtierender Champions-League-Sieger mit Mbappé, als Mannschaft nicht funktioniert. Das Auftauchen von Kylian hat das im Vorjahr von Ancelotti geschaffene Ökosystem aus dem Gleichgewicht gebracht."
Auch "AS" gab Mbappé, der in seiner Zeit bei dem mit katarischen Öl-Milliarden gepamperten und zeitweise mit der Ankunft der Superstars Lionel Messi und Neymar zur kitschigen Fantasie wahnsinniger virtueller Fußballmanager hochgezüchteten PSG stets enttäuscht aus europäischen Träumen erwachen musste, ordentlich eine mit: "Der Spieler hatte gehofft, dass der Vereinswechsel auch sein Glück verändern würde. Er selbst hat wenig getan. Arsenal war nie in Gefahr. Der beste Angriff der Welt lag im Dunkeln", schreibt die Zeitung. "Es war nur ein Traum. Real Madrid war nie nah an der Aufholjagd dran und hat seine Krone hergegeben. Am Ende ist ein Comeback nichts anderes als eine glorreiche Entschuldigung für ein kolossales Desaster. Madrid hat sich die Vergebung der Erbsünde dieses Mal nicht verdient."
"Ohne Fußball kein Comeback"
Zu harmlos, zu ideenlos präsentierte sich das Starensemble um Weltmeister Mbappé und Weltfußballer Vinicius Junior gegen ein hervorragendes Arsenal, das nicht mal mit einem verschossenen Elfmeter nach elf Minuten das einst gefräßige Monster Real entfesselte. "Real Madrid versagt: Ohne Fußball ist kein Comeback möglich", urteilte "La Vanguardia" angesichts der über 180 weitestgehend schwachen Viertelfinal-Minuten des 15-maligen Europapokal-Siegers. "Die 0:3-Niederlage im Hinspiel war ein zu großer Nachteil für diese Mannschaft, in der es mehr Schatten als Licht gibt und die trotz Spielern wie Mbappé, Vinícius und Bellingham noch nicht ganz zu einem großen Team zusammengewachsen ist. Madrid hoffte auf ein Wunder und musste sich erneut geschlagen geben. Die Liturgie des Comebacks hat Arsenal nicht erschreckt. Das Spiel war eine Qual für Madrid."
Für Trainer Ancelotti, der am 26. April gegen Hansi Flicks FC Barcelona immerhin noch im Finale um die Copa del Rey steht, könnten nach einer großen Ära nun zum Saisonende die Lichter in Madrid ausgehen. "Dieses Rückspiel gegen Arsenal war die beste Zusammenfassung dieser undurchsichtigen Saison. Es gab nicht einen Funken Magie oder einen Hauch von Comeback", motzte "Sport". "Nach dem Ausscheiden von Real Madrid in der Champions League hat Ancelotti kein Alibi mehr." Als möglicher Nachfolger für den Italiener, der Real zu zwei Champions-League-Triumphen geführt hat, wird Bayer Leverkusens Meistertrainer Xabi Alonso gehandelt.
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